PIERTZOVANIS TOEWS · BASEL

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Kalendarium

Was bleibt, wenn eine Ikone zerfällt? Vom Münster bliebe wohl der Stein.  Etwas gebrochenes Glas, ein wenig Feuerholz und unzählige Sandsteinblöcke. Während der Rückbau eines heutigen Hightech Gebäudes eine diffizile Entsorgungsangelegenheit für Spezialisten ist, diente etwa die Maior Ecclesia von Cluny Jahrzehnte lang als Steinbruch. Auch die Münstersteine müssten nicht entsorgt werden – in einem neuen Denkmal dürften sie weiterhin die eingeprägte und einprägsame Geschichte des besonderen Ortes veranschaulichen und dabei nicht nur über sich selbst erzählen, sondern eine Tradition weitertragen, die schon viel länger vor Ort war, als sie selbst.

 Wenn die Sonne am 21. Juni langsam über der hohen Möhr im Schwarzwald aufsteigt, fällt das Licht in die Krypta des Münsters und zeichnet dort einen hellen Fleck an die Wand. Jedoch fängt das Münster dieses Schauspiel erst seit 1000 Jahren ein. Bereits der Haito Dom wurde im 9. Jahrhundert an gleicher Stelle errichtet und auch er gründete wiederum als Nachfolger älterer Bauten auf dem topografisch und kalendarisch markanten Ort. Das Zusammenwirken tektonischer Verschiebungen und astronomischer Gesetzmässigkeiten hat am Rheinknie eine der Stätten herausgebildet, die nicht selten Ausgangspunkt zivilisatorischer Weiterentwicklung wurden. Neben guten Verteidigungsmöglichkeiten bot sich hier die Gelegenheit, das wiederkehrende Phänomen der Sonnenwende zu beobachten, zu markieren und damit die Grundlage unserer Zeitzählung zu schaffen.

Das grosse aussermittige Loch in der Wand markiert diese Achse, ein Relief dokumentiert das Geschehen: Zur Sommersonnenwende fällt der erste Sonnenstrahl ins Herz des ehemaligen Münsters und wandert dann Richtung Winter langsam über den Münsterplatz. Vielleicht würde ja dieser elegante Bogen mit den Scherben der bunt glasierten Biberschwanzziegel gepflastert werden, die auch noch übrig geblieben sind.


Calendarium

What remains when an icon decays? From the Minster it would probably be the stones. A few pieces of broken glass, a bit of firewood and countless blocks of sandstone. While the demolition of a modern high-tech building is a complex disposal matter for specialists, the Maior Ecclesia of Cluny served as a quarry for decades. The stones of the Minster would also not have to be disposed of – in a new monument they would continue to illustrate the inscribed and memorable history of the special place and not only tell about themselves, but carry on a tradition that has been there much longer than they themselves. 

When the sun rises slowly over the hills of the Hohe Möhr on the 21st of June, the light falls into the crypt of the cathedral and draws a bright spot on the wall. However, the cathedral has only been capturing this spectacle for 1000 years. The Haito Minster was already erected on the same site in the 9th century, but also that older church was founded as a successor to even older buildings on the topographically and calendrically significant site. The interaction of tectonic shifts and astronomical laws has formed one of those spots at the bend of the Rhine, that often became a starting point for the further development of civilization. In addition to good defence possibilities, it offered the opportunity of observing and marking the recurring phenomenon of the solstice and thus creating the basis for our calendar.

The off-centre large hole in the wall marks this axis, a relief documents the occurrence: At the summer solstice, the first ray of sunlight falls into the heart of the former cathedral and then, towards winter, wanders slowly over the Münsterplatz. Perhaps this elegant arch would be paved with the colourfully glazed shards of plain tiles from the Minsters roof that also have remained.

 

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